Keine von uns ist vor Reisekrankheit gefeit. Selbst erfahrene Seefrauen können unwohl werden, wenn das Meer zu rau wird. Für manche genügt schon eine scharfe Kurve im Auto, um heftige Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Kaltschweißigkeit und Verwirrung auszulösen. In diesem Artikel erfährst du, was Reisekrankheit ist, warum manche Menschen anfälliger dafür sind und wie du die Symptome lindern kannst.
Graust dir vor Autofahrten, Bootsreisen oder denkst gar nicht erst ans Karussell im Vergnügungspark? Wenn dir schon beim ersten Schlagloch oder Seegang der Magen umdreht, die Haut feucht wird und du nur noch daran denkst: „Wann hört das endlich auf?“, gehörst du wahrscheinlich zu den vielen Frauen, die unter Reisekrankheit leiden.
Die Reisekrankheit – auch Seekrankheit oder Bewegungskrankheit genannt – ist eine unangenehme, aber vollkommen normale körperliche Reaktion auf tatsächliche oder wahrgenommene Bewegungen. Sie entsteht, wenn dein Gehirn die empfangenen Signale deines Gleichgewichtsorgans (Vestibularsystems) nicht eindeutig verarbeiten kann.
Das Vestibularsystem befindet sich im Innenohr und ist für dein Gleichgewicht sowie deine räumliche Orientierung zuständig. Es besteht aus winzigen, mit Flüssigkeit gefüllten Bogengängen auf drei Achsen, die Rotationsbewegungen registrieren, und kleinen Otolithenorganen, die lineare Bewegungen und Beschleunigung wahrnehmen. Diese Strukturen arbeiten mit den visuellen Signalen deiner Augen und haptischen Informationen der somatosensorischen Neuronen in Haut und Muskeln zusammen und senden die gesammelten Eindrücke ans Gehirn. So kann dein Körper jede Bewegung koordinieren, ohne dass du es bewusst bemerkst.
Bist du jedoch im Freizeitpark, auf dem Rücksitz oder einer Achterbahn, nimmt das Gleichgewichtssystem widersprüchliche Signale wahr – deine Umgebung ist scheinbar in Bewegung, doch dein Körper bleibt still. Auch bei plötzlichen oder extremen Bewegungen, etwa bei stürmischer See, kommt das System durcheinander: Das Boot schwankt und hebt oder senkt sich mit jeder Welle. In solchen Situationen fällt das Gleichgewichthalten schwer, und Übelkeit kann so stark werden, dass du dich übergeben musst.
Falls du schon einmal unter Reisekrankheit gelitten hast, kennst du sicher das Gefühl von Schwindel, plötzlicher Übelkeit im Magen, Kaltschweißigkeit und das lähmende Gefühl, sich kaum bewegen zu können. Die Symptome können heftig sein, klingen aber meist rasch ab, sobald du wieder festen Boden unter den Füßen hast.
Zu den häufigsten Symptomen der Reisekrankheit gehören Übelkeit, Erbrechen, Appetitverlust, vermehrter Speichelfluss, Blässe, Schwindel, Kopfschmerz, schnelle Atmung und Müdigkeit.
Auch wenn niemand völlig immun ist, reagieren manche Frauen besonders sensibel und fürchten jede Fahrt – selbst bei ruhigster Bewegung. Falls dir das bekannt vorkommt, könnte eine verstärkte Anfälligkeit vorliegen durch:
Frauen und Kinder unter 12 Jahren sind insgesamt stärker für Reisekrankheit empfänglich.
Die Symptome einer Angstattacke – Schwindel, Benommenheit und Übelkeit – ähneln oft der Reisekrankheit. Bei starker Angst fühlt es sich manchmal an, als bewege der Boden sich, oder du könntest fallen, obwohl alles um dich herum still bleibt.
Angst kann solche Symptome auslösen, weil du in angespannten Momenten oft hyperventilierst – schnelles, flaches Atmen entzieht dem Gehirn Sauerstoff, was Schwindel verursacht. Außerdem stört die Angstreaktion dein Gleichgewichtssystem, indem Cortisol und andere Stresshormone ausgeschüttet werden. Stresshormone machen dich bereit für Kampf oder Flucht, erhöhen die Herzfrequenz, verengen das Blickfeld und schärfen das Gehör für Geräusche. Diese veränderte Wahrnehmung kann desorientierend wirken und führt dazu, dass dein Gleichgewichtssystem widersprüchliche Signale ans Gehirn weitergibt.
Während sich klassische Reisekrankheit oft durch Anhalten oder langsamere Fahrt lindern lässt, muss die Angstreaktion im Körper selbst bewältigt werden. Diese zwei Techniken können dir helfen, dich zu beruhigen:
Droht keine unmittelbare Gefahr, beruhigt sich dein Körper schnell wieder, sobald du dich auf den Moment konzentrierst.
Wie erwähnt, sind Frauen anfälliger für Reisekrankheit. Während der Periode oder in der Schwangerschaft steigt diese Anfälligkeit oft noch. Studien zeigen: Die stärkste Empfindlichkeit für Reisekrankheit fällt bei Frauen meist auf den fünften Zyklustag, nimmt am 12. und 19. Tag deutlich ab und ist am 26. Tag am geringsten. Die Gründe sind nicht abschließend geklärt, vermutlich spielen Hormonschwankungen und/oder Nährstoffverlust während der Menstruation eine Rolle.
Werdende Mütter können Reisekrankheit und Schwangerschaftsübelkeit oft schwer voneinander unterscheiden. Während der Schwangerschaft sind Frauen typischerweise stärker betroffen, weil:
Bist du empfindlich gegenüber Bewegungen beim Reisen? Dann helfen dir vielleicht diese Tipps, um Reisekrankheit vorzubeugen oder zu lindern:
Rezeptfreie Antihistaminika wie Dimenhydrinat (Dramamine), Diphenhydramin (Benadryl), Meclizin (Antivert) und Promethazin (Phenergan) dämpfen die Symptome der Reisekrankheit, indem sie Histamin und Acetylcholin blockieren – zwei wichtige Botenstoffe bei Übelkeit und Erbrechen. Sie brauchen etwa eine Stunde zur Wirkung, sollten also rechtzeitig eingenommen werden. Der beruhigende Nebeneffekt hilft auch bei Angst, macht aber schläfrig – also kein Auto fahren oder aufmerksame Tätigkeiten ausüben! Antihistaminika neuerer Generationen sind gegen Reisekrankheit nicht wirksam.
Scopolamin, meist als transdermales Pflaster, wirkt ebenfalls durch Blockierung von Acetylcholin. Diese Pflaster sind für lange Reisen praktisch (wirken bis zu drei Tage), aber nur auf Rezept erhältlich, da Wechselwirkungen und Missbrauchsgefahr bestehen – wenn auch seltener als manchmal medial dargestellt.
Diese Medikamente können Nebenwirkungen haben wie Müdigkeit, Mundtrockenheit, verschwommenes Sehen, Verstopfung und Kopfschmerzen. Falls du keine Medikamente nehmen möchtest oder keine Zeit für Planung hattest, kannst du folgende Maßnahmen direkt anwenden:
In Fahrtrichtung zu blicken hilft dem Gehirn, die Bewegungen richtig zu verarbeiten. Lesen oder auf den Bildschirm schauen solltest du vermeiden – auch wenn du auf ein ruhendes Objekt schaust, nimmt dein peripheres Sehen die Fahrzeugbewegung wahr und produziert widersprüchliche Reize für das Gehirn.
Im Auto sitzt du am entspanntesten vorne und schaust nach vorn, im Boot solltest du jedoch lieber nicht ganz vorne sitzen, wo die Bewegung am stärksten ist. In großen Fahrzeugen hilft es oft, sich hinzulegen oder sich etwas zu bewegen – selbst kleinste Bewegungen stabilisieren das Gleichgewichtssystem.
Iss vor einer Reise nur leicht verdauliche Kost und verzichte auf schwere, fettige Speisen. Während der Fahrt helfen Salzcracker und kaltes Wasser gegen Übelkeit. Kaugummikauen kann ebenfalls Linderung verschaffen. Studien belegen, dass Kaugummi Symptome der Reisekrankheit verringert. Angenehme Aromen und der Kauvorgang helfen zusätzlich gegen Übelkeit und Schwindel.
Tee aus Kamille, Lakritzwurzel oder Ingwer wird traditionell gegen Übelkeit eingesetzt; auch etwas Ingwergebäck oder Ingwerkaugummi kann helfen.
Akupressur ist eine Technik, bei der durch Druck auf bestimmte Körperpunkte Muskelverspannungen gelöst und der Energiefluss gefördert werden soll. Das Drücken des „P6-Punkts“ – etwa zwei Fingerbreit von der Handgelenksfalte entfernt, mittig zwischen den Sehnen – lindert nachweislich Übelkeit und Erbrechen. Es gibt spezielle Akupressur-Bänder oder du drückst selbst vorsichtig für 30 bis 60 Sekunden mit dem Finger. Tief durchatmen und bei Bedarf wiederholen.
Hast du dich schon gefragt, warum Schiffspersonal bei rauer See unbeirrt weiterarbeitet? Studien zeigen: Wer sich allmählich an schwankende Bewegungen auf Booten, im Auto oder bei Achterbahnen gewöhnt, wird mit der Zeit weniger empfindlich. Auch wenn du selten Boot fährst, kann eine „Desensibilisierung“ durch kurze Autofahrten helfen.
Vor Reisekrankheit ist niemand gefeit. Selbst wenn das Zusammenspiel von Auge, Gleichgewichtssystem und Körper meist reibungslos funktioniert, bringen abrupte, heftige Bewegungen die Signale leicht durcheinander – das führt zu vorübergehendem Unwohlsein oder Desorientierung. Die Symptome sind zwar belastend, aber meist harmlos und lassen sich mit einfachen Techniken schnell lindern oder ganz vermeiden. Wer sich vor einer Reise schon vorab Sorgen macht, verschlimmert die Lage oft unnötig. Finde also heraus, was dir hilft, und sei gut vorbereitet. An Bord von Fähren oder Flugzeugen hat das Personal viel Erfahrung im Umgang mit Reisekrankheit – zögere also nicht, bei Bedarf um Hilfe zu fragen.
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