Alter und Sexualität sind zwei Themen, die von der menschlichen Gesellschaft mit Mythen und Stereotypen umgeben werden. Nur weil sich unser Körper verändert, bedeutet das nicht, dass unser Verlangen nach Sex und Intimität verschwindet. Was bedeutet es, die eigene Sexualität im späteren Leben zu gestalten?
Das Älterwerden beeinflusst viele Aspekte unseres Lebens. Unsere Körper regenerieren sich auf zellulärer Ebene nicht mehr so schnell wie in jungen Jahren. Das kann bestimmte Aktivitäten, auch Sex, herausfordernder machen. Doch mit einigen Anpassungen sollte das Alter dich nicht um ein erfülltes und gesundes Sexualleben bringen.
Sexualität ist ein grundlegender Bestandteil des Menschseins. Unsere Beziehung zum Sex entwickelt sich mit der Zeit und wird von Erziehung, Umfeld, Religion, gesellschaftlichem Hintergrund und unseren persönlichen Versuchen, uns damit auseinanderzusetzen, geprägt.
Viele Menschen erleben im Laufe des Lebens veränderte sexuelle Bedürfnisse. Für die meisten erreicht die Sexualität ihren Höhepunkt in den frühen 20ern, die Beziehung dazu verändert sich während der fruchtbaren Jahre weiter. Leider beginnt ab einem gewissen Alter das Verlangen und die Fähigkeit zur Sexualität häufig abzunehmen.
Zahlreiche Faktoren beeinflussen Libido und sexuelle Aktivität, aber insbesondere Alter, sich verschlechternde Gesundheit, hormonelle Veränderungen und das gesellschaftliche Stigma in Bezug auf Sexualität im Alter sind Stimmungskiller. Schauen wir uns an, wie sich die Sexualität bei Frauen und Männern verändert.
Auch wenn Sexualität individuell ist, gibt es bei Frauen und Männern oft unterschiedliche innere Rhythmen. Bei Männern erreicht die Sexualität meist Mitte 20 ihren Höhepunkt, während Frauen sich oft durch die 30er und sogar 40er in diesem Bereich weiterentwickeln. Bei Männern steuert Testosteron die sexuelle Anziehungskraft und Libido, aber ab den 30ern beginnt der Testosteronspiegel langsam zu sinken. Frauen erleben ihren Höhepunkt meist später – warum die Libido steigt, während die Fruchtbarkeit sinkt, ist noch nicht abschließend geklärt. Manche Expertinnen vermuten, dass dies mit Beziehungssicherheit und einem besseren Körperverständnis der Frau zusammenhängt.
Nach dem 50. Lebensjahr erleben meist beide Geschlechter ein Nachlassen des sexuellen Interesses. Bei Männern sinkt der Testosteronspiegel weiter ab, was zu selteneren Erektionen und weniger Interesse an Sex führen kann. Frauen müssen sich im Alter keine Sorgen mehr um ungewollte Schwangerschaften machen, aber der Östrogenspiegel fällt, die Menopause beginnt und bringt neue Herausforderungen mit sich, die die Lust an Sex beeinträchtigen können.
Es ist kein Geheimnis: Im Alter verliert der Körper die Fähigkeit, sich schnell zu regenerieren, und ist anfälliger für Verletzungen und Krankheiten. Altersassoziierte Krankheiten umfassen unter anderem Krebs, Diabetes, Arthritis, chronische Schmerzen und Herzkrankheiten. Manche Erkrankungen beeinflussen direkt die Hormone und Libido, andere machen Sex unangenehm.
Gefäßerkrankungen zum Beispiel verringern die Durchblutung im Genitalbereich, was es sowohl Frauen als auch Männern schwerer macht, sich zu erregen und einen Orgasmus zu erreichen. Auch Dauer und Härte von Erektionen können beeinträchtigt sein.
Einige Frauen fühlen sich während der Menopause sexuell befreiter, weil sie keine Angst mehr vor einer Schwangerschaft haben. Dennoch wirkt sich die Menopause meist auf die sexuelle Gesundheit aus. Mit dem Rückgang des Östrogens wird weniger Lubrikation produziert und die Vaginalhaut dünner, was beim Sex Beschwerden verursachen kann. Diese Veränderungen nennt man vaginale Atrophie. Auch die allgemeine Unruhe und Gereiztheit durch die körperlichen Veränderungen im Alter können das Interesse an Sex mindern.
Mehr zur Menopause erfährst du hier.
Erektionsprobleme können Männer in jedem Alter betreffen. Oft hängen sie weniger mit dem Alter als mit dem psychischen und körperlichen Wohlbefinden sowie mit Stress zusammen. Dennoch nehmen Erektionsprobleme im Alter zu. Männer mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben häufig größere Schwierigkeiten, eine Erektion zu halten, da die Durchblutung eingeschränkt ist.
Ohne seelische Klarheit sind wir nur eingeschränkt handlungsfähig. Viele Menschen leiden im Alter unter verschlechtertem psychischem Zustand. Demenz oder Alzheimer können sogar das sexuelle Verlangen erhöhen, führen aber gleichzeitig zu schlechterer Gehirnleistung und Verwirrung. Wenn du deine Partnerin nicht erkennst, möchtest du auch keinen Sex haben.
Der Jugendkult suggeriert, nur junge Menschen seien sexuell. Viele, die auch im Alter ein erfülltes Sexualleben genießen könnten, fühlen sich durch kulturelle Stereotype eingeschränkt. Wenn wir uns von unserer Sexualität distanzieren, nimmt auch die Lust ab.
Ein gesundes Sexualleben hat viele Vorteile für unsere körperliche und seelische Gesundheit. Hier einige Beispiele, wie Sexualität im Alter dich positiv beeinflussen kann.
Mehr zu den Folgen von Sexverzicht erfährst du hier.
Erfüllender Sex macht nicht nur Spaß, sondern ist auch gesund. Er regt die Durchblutung an und schüttet Glückshormone (Endorphine) aus, die nicht nur die Stimmung heben, sondern auch Schmerzen lindern können. Sex stärkt zudem das Immunsystem und stabilisiert die Produktion der Sexualhormone im Alter.
Sexualität ist in jungen Jahren wichtig – und bleibt es auch, wenn wir älter werden. Positive sexuelle Erfahrungen helfen uns, uns mit unserer Partnerin und mit uns selbst zu verbinden. Tiefe Verbundenheit und gemeinsame Freude steigern die Lebenszufriedenheit. Zahlreiche Studien belegen, dass sexuelles Erleben und allgemeine Zufriedenheit eng miteinander verbunden sind – je erfüllter unser Leben, desto größer meist auch die Lust auf Sex (und umgekehrt).
Es gibt keine magische Formel, wie oft man Sex haben „sollte“. Aber Sex fördert nachweislich eine tiefere Beziehung und bewahrt die Intimität zwischen zwei Menschen. Zwar kann es nach vielen Jahren mit der gleichen Partnerin manchmal schwieriger werden, sich zu verbinden, dennoch ist es wichtig, Intimität aktiv zu pflegen.
Die Östrogentherapie ist eine Hormonbehandlung zur Unterstützung des Östrogenspiegels im weiblichen Körper während des Älterwerdens. Östrogenpillen, Pflaster und Gele beugen Knochenschwund vor, lindern Hitzewallungen und reduzieren Vaginalschmerzen. So kannst du dich „mehr wie du selbst“ fühlen und Sex angenehmer gestalten. Zu den möglichen Nebenwirkungen zählen jedoch ein erhöhtes Risiko für Brustkrebs, Schlaganfall und Herzinfarkt. Vor Beginn einer Hormontherapie solltest du mit deiner Ärztin die Risiken abklären.
Mit dem Alter lässt die Beweglichkeit oft nach, aber du kannst Sex mit deiner Partnerin – oder alleine – auf viele Arten genießen. Es muss nicht immer um Penetration gehen, alles was die Leidenschaft weckt, ist erlaubt: Küssen, Kuscheln, Massagen, gegenseitige Masturbation und andere Formen körperlicher Nähe stärken die Bindung.
Gleitgel kann in jedem Alter helfen, Vaginalschmerzen beim Sex zu lindern. Bei vaginaler Trockenheit, Beschwerden oder kleinen Verletzungen kann Gleitmittel Sex angenehmer machen und das Verlangen steigern.
Kegel-Übungen sind für Frauen und Männer in jedem Alter sinnvoll. Die Beckenbodenmuskulatur wird durch das Alter, schweres Heben oder Schwangerschaft geschwächt. Mit Beckenbodentraining erhältst du ein erfüllteres Sexualleben, stärkere Orgasmen und kannst sogar Inkontinenz entgegenwirken. Finde zuerst heraus, wo die Beckenbodenmuskeln liegen, und spanne sie dann täglich oder mehrmals pro Woche wiederholt an. Zum Start kannst du die Übungen im Liegen ausprobieren. Wenn du weißt, wie es geht, lassen sich Kegel-Übungen praktisch überall machen. Frauen können auch spezielle Gewichte oder Geräte verwenden, um die Aufgabe anspruchsvoller und unterhaltsamer zu gestalten.
Intimität und Sexualität gehören zum Menschsein dazu. Selbst wenn sich unser Körper mit dem Alter verändert, heißt das nicht, dass wir auf Verbindung verzichten müssen. Mit etwas Anpassung an neue Gegebenheiten kann es gelingen, die eigene Sexualität zu pflegen, das Wohlbefinden zu stärken, die Partnerschaft lebendig zu halten und die Stimmung zu heben.
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